Vor 80 Jahren, am 6. August 1932, eröffnete der Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer die erste deutsche Autobahn, die heutige A 555 zwischen Köln und Bonn. „So werden die Straßen der Zukunft aussehen“, prophezeite der spätere Bundeskanzler. Adenauer sollte Recht behalten. Inzwischen ist die Gesamtlänge der Autobahnen auf über 12.819 Kilometer angewachsen. Das sind rund zwei Prozent unseres Straßennetzes – auf dem mehr als 30 Prozent der gesamten Fahrleistungen in Deutschland erbracht werden.
Wie kam es zum Startschuss? Mitte der 1920er Jahre wurden Straßen zum Engpass für den rasch wachsenden Güter- und Personenverkehr. Zwischen 1924 und 1928 erhöhte sich die Anzahl der Kraftfahrzeuge um 300 Prozent. Autos und Lastwagen quälten sich durch enge Ortsdurchfahrten. Besonders betroffen war die Region zwischen dem Ruhrgebiet und Köln – mit Bergbau und Schwerindustrie damals das Herz der deutschen Wirtschaft. 1926 beschloss der Provinziallandtag deshalb den Bau der Kraftwagenstraße Köln - Bonn. Die Planer hatten einen schnellen und sicheren Verkehrsweg im Sinn: Eine 16 Meter breite Trasse ohne Kreuzungen, aber noch ohne Mittelleitplanke.
Inzwischen haben sich Autobahnen zur leistungsstärksten Verkehrsader unserer mobilen Gesellschaft entwickelt. Durchschnittlich rund 50.000 Fahrzeuge nutzen pro Tag jeden Autobahnabschnitt, am Dreieck Funkturm in Berlin sind es sogar 180.000. Getrennte Richtungsfahrbahnen ohne Kreuzungen machen sie für Auto, Motorrad, Lkw und Bus zu den sichersten Straßen. Die deutschen Autobahnen verbinden nicht nur ländliche Regionen mit Wirtschaftszentren, sie haben auch eine tragende Rolle für den stark zunehmenden internationalen Verkehr als Kernstück des europäischen Straßennetzes.
Den heutigen Anforderungen wird das Autobahnnetz nur noch mit Mühe gerecht. Viele Strecken wurden in den 60er und 70er Jahren erbaut. Zu lange wurde zu wenig für die Erhaltung getan. Nun sind viele umfassende Grunderneuerungen unausweichlich. Das gilt vor allem für Brücken. Allein im verkehrsreichen Nordrhein-Westfalen gelten 700 Brücken als Sanierungsfall. Bundesweit sind es mehrere Tausend. Dass Bund und Länder mit der Ertüchtigung wichtiger Strecken jetzt endlich Ernst machen, spüren die Autofahrer in diesem Sommer an den vielen Baustellen. Doch es müsste mehr sein. Die heutigen Erhaltungsinvestitionen erreichen jährlich rund 2,5 Milliarden Euro. Doch sie müssten um eine weitere Milliarde steigen, um den eigentlichen Bedarf zu decken.
Investitionen in die Erhaltung allein sind nicht ausreichend. Auch die Modernisierung des Netzes und ein gezielter Ausbau mit Engpassbeseitigungen und Lückenschlüssen sind überfällig. 2011 erreichten die Staus mit 450.000 km einen neuen Negativrekord. Von 2004 bis 2025 soll laut Regierungsprognose die Verkehrsleistung der Pkw um ca. 16 Prozent und die der Lkw um rund 70 Prozent zunehmen. Das Wachstum wird vor allem auf den Autobahnen stattfinden. Viel wäre somit zu tun, um das Netz darauf vorzubereiten. Der Bundesverkehrswegeplan von 2003 enthält dazu ein vordringliches Bauprogramm, dessen gesamtwirtschaftlicher Nutzen die Kosten im Durchschnitt um das Fünffache übersteigt. Nur die Hälfte wird jedoch bis 2015 fertig gestellt. Für die übrigen Vorhaben droht Verzug von bis zu zwei Jahrzehnten. Nur wenn der Bund seine Investitionen deutlich verstärkt und neben dem Ausbau auch Kapazitätssteigerungen durch Telematik zum Einsatz kommen, werden die Autobahnen ihrer Aufgabe als leistungsfähiger Verkehrsträger auch in Zukunft gerecht.
„Der Zahn der Zeit nagt deutlich sichtbar an Straßen und Brücken“, warnt Dr. Peter Fischer, Präsident von Pro Mobilität. „Autobahnen stellen als zentrale Infrastruktur ein enormes Volksvermögen dar. Doch was über Jahrzehnte aufgebaut wurde, ist nun aus falscher Sparsamkeit dem schleichenden Zerfall preisgegeben.“ Für die Fernstraßen des Bundes würden insgesamt jährlich Investitionen von mehr als acht Milliarden Euro benötigt. Stattdessen sollen die Mittel im Etat für 2013 unter fünf Milliarden Euro sinken. Wenn sich da nichts ändere, müssten kommende Generationen die Zeche dafür zahlen. „80 Jahre Autobahn sollte für die Politik Anlass sein, bei der Infrastruktur zur vorausschauenden Planung zurückzufinden und eine verlässliche Finanzierung für die Zukunft zu gewährleisten.“